Ferraris Zukunft ist elektrisch – aber nicht nur

Wie wird er aussehen, fahren, klingen, ein Ferrari der rein elektrisch fährt? Darauf will Unternehmenschef Benedetto Vigna noch keine Antwort geben. Wohl aber, wo er gebaut wird: Im neuen E Building des Stammwerkes in Maranello, einem hoch modernen, beeindruckend gestylten Komplex, in dem Elektrofahrzeuge, aber auch Hybride und reine Verbrenner gebaut werden können. Denn eines ist auch Vigna klar: Die Zukunft auch von Ferrari ist elektrisch – aber nicht nur.

Hier soll also ab Ende 2025 der erste batterieelektrische Ferrari vom Band laufen. Das zweistöckige Fabrikgebäude ist innen strahlend weiß, hell und luftig. Der Boden der zweistöckigen Werkes ist hellgrau lackiert. Die Fensterfront bietet einen Blick auf die sanfte Hügel der Emilia-Romagna, auf Zypressen, Weinberge und Bauernhöfe. Die 300 Mitarbeiter, die hier einmal in ihren roten Overalls Ferrari bauen werden, können die Kaffeepausen auf einem Dachgarten verbringen.

200 Mitarbeiter werden für das E Building, wie Ferrari seine Elektrowerk nennt, neu eingestellt. Einige üben schon an aktuellen Modellen die Montage. Mit einem Hubwagen werden Fahrwerk und Antriebsstrang eines SF90 mit der Karosserie „verheiratet“. Orange Hochvoltleitungen verbinden den Akku des Plug-in-Hybrids hinter den Sitzen mit der E-Maschine an den Vorderrädern, Benzinleitungen den Tank mit dem Achtzylinder. Das neue E-Modell wird nur nur Stromleitungen haben.

An einer anderen Station werden Armaturenträger in den Innenraum eingeführt und verschraubt, Türen und Hauben montiert. Auch der Elektromotor und die Batterie-Module werden hier einmal gefertigt werden. Die Montagehalle wirkt so rein, als könnten hier Operationen am offenen Herzen vorgenommen werden. Und irgendwie ist das auch so: Das Herz der Marke, das sind seit 77 Jahren die Verbrennungsmotoren, vor allem die Zwölfzylinder, aber auch die Acht- und Sechszylinder mit ihrem betörenden Klang. Gespannt schaut die Branche deshalb nach Maranello und fragt sich, wie Ferrari dieses Erbe ins Elektrozeitalter herüberretten will, ohne den Markenkern zu ruinieren.

Das jüngste Modell mit dem springenden Pferd auf der Haube ist der 12Cilindri, was man hier natürlich italienisch ausspricht: Dodici Cilindri. Ohne jede elektrische Unterstützung liefert der Motor des Sportcoupés 830 PS (610 kW) an die Hinterräder. Das neue Modell, das optisch an den Daytona von 1969 erinnert, hat die Ferrari-Fans mal wieder mitten ins Herz getroffen. Obwohl erst im Mai vorgestellt, ist der 435.000 Euro teure Wagen schon auf Jahre hinaus ausverkauft. Mit dem neuen Werk können in Maranello einmal mehr als 20.000 Autos pro Jahr gebaut werden, was die Lieferzeiten etwas verkürzen dürfte.

Ob auch das elektrisches Modell an solche Erfolge anknüpfen kann, muss sich aber erst noch zeigen. CEO Benedetto Vigna ist jedoch sicher: „Es gibt Fans unserer Marke, die werden erst dann einen Ferrari kaufen, wenn er elektrisch ist.” Und genau solche Kunden gilt es zu gewinnen, ohne die traditionelle Klientel zu vernachlässigen. Ferrari bleibt deshalb bei den Antrieben flexibel und sieht sogar Wasserstoff als künftigen Energieträger, „als Grundlage für synthetische Kraftstoffe“, so der Ferrari-Chef. Viele Ferrari-Fahrer machen sich bereits Sorgen, was mit ihren wertvollen Gefährten passiert, sollte es einmal kein herkömmliches Benzin mehr geben – auch wenn dieser Zeitpunkt aktuell nicht absehbar ist.

Klar ist nur: Ab 2035 dürfen in Europa nur noch CO2-neutrale Autos neu zugelassen werden. Derzeit ist das Elektroauto die einzige Technologie, um dieses Ziel der EU zu erreichen. Sollten künftig auch Neuwagen als klimaneutral gelten, deren Verbrennungsmotoren mit synthetischen Kraftstoffen CO2-frei laufen, ist Ferrari darauf vorbereitet. Im E Building können auch solche Autos gebaut werden. Sicherheitshalber hat sich die Marke einen Wasserstoff-Verbrennungsmotor patentieren lassen.

Ferrari-Aufsichtsratschef John Elkann will es den Kunden überlassen, für welche Technologie sie sich entscheiden: „Im E-Building werden wir alle Autos montieren, die wir anbieten. Wir glauben, dass technische Veränderungen nicht über Nacht passieren und unsere Kunden letztlich die Wahl haben sollten“, sagt der Spross der italienischen Industriellen-Dynastie Agnelli.

Die Manager von Sportwagenmarken blicken mit gemischten Gefühlen in die elektrische Zukunft. Stefan Winkelmann, Chef von Ferrari-Nachbar Lamborghini in Sant'Agata Bolognese, will erst zwei Jahre nach Ferrari sein erstes Elektroauto auf den Markt bringen. Aber auch er weiß, dass die Lambo-Fans den Sound von Verbrennungsmotoren lieben: „Wir wollen für unsere Kunden so lange wie möglich Hybrid-Fahrzeuge produzieren.“ Porsche hat mit dem Taycan bereits eine Sportlimousine und mit dem Macan ein SUV mit Elektroantrieb im Programm.

Der elektrische Ferrari dürfte jedoch ein vielfaches der Autos aus Stuttgart kosten, auch wenn derzeit noch keine Details bekannt sind. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, der Preis des E-Ferrari könnte bei 500.000 Euro liegen.

Nicht nur beim Antrieb adressiert Ferrari den Umwelt- und Klimaschutz, um so „den Respekt für die Umwelt zu zeigen“, wie John Elkann sagt. So will Ferrari seine Luxusmodelle bis Ende des Jahrzehnts CO2-neutral fertigen. Elkann: „Das E-Building ist ein Meilenstein auf unserem Weg zur Kohlenstoff-Neutralität.“ 3000 auf dem Dach montierte Solarpaneele produzieren bis zu 1,3 Megawatt Strom. Damit erzeugt das 42.500 Quadratmeter große Gebäude zumindest einen Teil des Stroms zum Bau der Autos selbst. Ferrari kann sich die Investition von 200 Millionen Euro in das E-Building locker leisten. Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr 13.663 Autos verkauft und mit jedem einzelnen 92.000 Euro Gewinn eingefahren: 1,27 Milliarden Euro blieben unter dem Strich übrig. Die Marke ist damit der profitabelste Autohersteller der Welt. Künftig will sie auch zu den saubersten gehören. (cen/Guido Reinking)


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E-Building-Werk von Ferrari.

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Foto: Autoren-Union Mobilität/Ferrari


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Foto: Autoren-Union Mobilität/MCA/Duccio Malagamba


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