Wenn am Tegernsee der Hammer fällt

Wo auch immer sich Auto-Enthusiasten auf dem Globus zu einem Concours d’Élégance (französisch: Wettbewerb der Eleganz) treffen, ist meist das Auktionshaus RM Sotheby’s nicht weit. Weltberühmt sind zum Beispiel Veranstaltungen dieser Art am Pebble Beach anlässlich der alljährlichen Monterey Car Week am Pazifik in Kalifornien oder im Grand Hotel Villa d’Este in Cernobbio am Comer See. Und weil sich dort in der Regel automobilbegeisterte Besserverdienende versammeln, bieten sie Versteigerern alter und neuer Chromjuwelen beste Gelegenheiten für glänzende Geschäfte. So auch am Samstag, 27. Juli, erstmals im Gut Kaltenbrunn in Gmund am Tegernsee. Wenn sich dort der neue „Concours of Germany“ zu seinem Ende neigt, wollen die Sotheby’s-Auktionatoren eine Reihe berühmter, seltener und wertvoller Fahrzeuge unter die Leute bringen. Mindestens ein Drittel der Autos könnten jeweils einen siebenstelligen Euro-Betrag in die Kasse spülen.

An der Spitze mit einem geschätzten Mindestangebot von 3,5 Millionen Euro steht ein Porsche 550 Spyder aus dem Baujahr 1955. Dieser ultraleichte Rennwagen war das erste von Grund auf für den Wettbewerbseinsatz der Stuttgarter produzierte Fahrzeug. Von ihm baute das Reutlinger Karosseriebauunternehmen Wendler knapp 100 Exemplare, die Mitte der 1950er Jahre für 24.600 Mark (entspricht nach heutigem Wert etwa 73.500 Euro) an Privatkunden verkauft wurden. Die meisten davon gingen in die USA. Eines erhielt Schauspieler James Dean (Giganten), der damit im September 1955 tödlich verunglückte.

Unwesentlich weniger, nämlich um die 3,2 Millionen Euro, will RM Sotheby’s für einen Bugatti Chiron Sport „110 Jahre Bugatti“ aus dem Jahr 2019 haben. Von diesem Modell zur Jubiläumsfeier der legendären Marke aus Molsheim im französischen Elsass wurden nur 20 Exemplare gefertigt. Der Wagen aus erster Hand mit seinem 1500 PS (1103 kW) starken 16-Zylindermotor beschleunigt angeblich in 2,4 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und soll ein Maximaltempo von 420 km/h erreichen können.

Nicht ganz so schnell ist ein 2010er Mercedes Benz SLR McLaren Stirling Moss. Doch mit seinen Daten kann sich der Wagen mit nur 45 Kilometern auf dem Tacho durchaus sehen lassen: 5,5 Liter Hubraum, 650 PS (478 kW), von 0 auf 100 km/h in 3,6 Sekunden, 337 km/h Spitze. Der SLR 722 Edition erinnert an den Sieg der britischen Rennfahrerlegende Stirling Moss und seines Beifahrers Dennis Jenkinson auf dem italienischen Langstreckenklassiker Mille Miglia. Deren Startnummer war nach der Startzeit um 7:22Uhr die 722, und die beiden bewältigten 1955 die 1000 Meilen lange Strecke von Brescia nach Rom und wieder zurück auf öffentlichen Landstraßen in einer Zeit von zehn Stunden, sieben Minuten und 48 Sekunden. Das entsprach einem Schnitt von 157,65 km/h. Der Roadster aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff soll mindestens ebenso viel einbringen wie der Bugatti.

Die weiteren Millionen-Kandidaten sind
- ein 1966er Ferrari 275 GTB 6 C
- ein 2010er Bugatti Veyron 16 4 Grand Sport Soleil de Nuit
- ein 1949er Talbot Lago T26 Grand Sport Coupé
- ein 2019er Porsche 935
- ein 2022er Ruf SCR
- ein Aston Martin Ulster
- ein 1965er Aston Martin DB Short Chassis.

Insgesamt besteht das Angebot aus 30 Autos, darunter sieben Porsche, sieben Ferrari und vier Mercedes.

An kaufkräftigen Bietern mit dicker Brieftasche dürfte bei dieser Auktion kein Mangel herrschen. Beim Concours of Elegance Tegernsee-Germany, der nach Angaben der Veranstalter „Deutschlands erster wirklich internationaler Concours of Elegance“ sein wird, treffen sich nämlich die besonders Reichen und Schönen mitsamt ihren dazu gehörigen Edelkarossen. Schon wer nur als Zuschauer dabei sein will, darf nicht knauserig sein. Eine der auf 1000 Stück begrenzten Tageskarten kosten pro Nase 99 Euro, Senioren, Studenten und Kinder dürfen etwas billiger dabei sein. Wer allerdings zu Zweit Zugang zum „privaten Hospitality-Bereich“ mit drei Mahlzeiten, Champagner und weiterem Pipapo sucht, ist stolze 1100 Euro los. Billiger ist ein vom Münchner Feinkost-Spezialisten angebotenes Picknick für zusammen 152 Euro.

Bevor am Freitag Schönheitswettbewerbe in verschiedenen Klassen Besucher anlocken und Sotheby’s seine Angebote vorstellen wird, begeben sich die Teilnehmer auf eine viertägige Fahrt durch das bajuwarische Umland. Daran sollen sich um die 200 Fahrzeuge beteiligen. Das eigentliche Spektakel beginnt dann am Freitag gegen 10 Uhr, wenn 50 der schönsten Autos aus mehr als 100 Jahren automobiler Zeitgeschichte in einer Prozession zum Gut Kaltenbrunn fahren. Darunter befinden sich zum Beispiel ein Jaguar XK 120 Aluminium Competition von 1950, ein Aston Martin DB 3 von 1953, ein Ferrari F 40, ein Rolls-Royce Silver Cloud III Mulliner Park Ward von 1965 oder ein Lagonda LG 6 von 1938. Nicht zu vergessen: der 87. jemals gebaute Mercedes 300 SL mit Flügeltüren, den 1955 der Playboy Porfirio Rubirosa in Wiesbaden gekauft und nach Paris überführt hat. Er besaß das Auto bis zu seinem Tod im Jahr 1965.

Im Mittelpunkt steht der Wettbewerb der Eleganz am Tegernsee, bei dem der Gewinner nicht von einer Jury, sondern von den Besitzern der Fahrzeuge selbst ausgewählt werden soll. Jeder Teilnehmer muss über die anderen ausgestellten Modelle abzustimmen, um zu entscheiden, welches Auto als „Best of Show“ angesehen wird. Daneben locken drei weitere Konkurrenzen: „Ladies Concours“, „Dreißig unter 30“ und „Junior Concours“.

Für den „Ladies Concours“ können maximal 20 Fahrzeuge angemeldet werden, die sich in Privatbesitz einer Frau befinden und nicht zum Verkauf stehen. Exotische Autos vom Austin Healy 3000 S bis zum Ferrari werden an einem eintägigen Ausflug rund um den Tegernsee teilnehmen, der mit einem Frühstück am Ufer des Tegernsees beginnt und am Gut Kaltenbrunn mit einem Sektempfang endet. Die Teilnahme am Ladies Concours kostet 300 Euro pro Auto (Besitzerin plus Gast).

„Dreißig unter 30“ richtet sich an alle Bewerber, die nicht älter als 30 Jahre sind, und setzt voraus, dass sich der Wagen im persönlichen Besitz befindet. Dieser Concours wurde speziell für die nächste Generation von Autoliebhabern entwickelt. „Eine Generation“ wie die Veranstalter vermuten, „die mit den wahrscheinlich größten Herausforderungen für das Hobby Oldtimer und klassische Automobile konfrontiert sein wird, da die Fahrzeugpreise in die Höhe schießen und Benzin immer weniger beliebt ist.“

Den jüngsten Autofans ist der „Junior Concours“ vorbehalten, bei dem die besten handgefertigten Tret-, Elektro- und Benzinautos aller Altersklassen vorgestellt werden. Dabei schlüpfen Eltern mit ihren Kindern in die Rollen von Mechanikern und Werksfahrern. Ähnlich wie ihre großen Vorbilder sind die Junior-Concours-Autos größtenteils handgefertigt, wobei sie komplizierte Details von legendären Autos wie dem Bugatti T52, Jaguar E-Type, Ferrari F1 Dino und Mercedes 300 SLR übernehmen. Die originalgetreuen Nachbildungen variieren in ihrer Komplexität: Einige benötigen Pedalkraft, während andere mit Elektromotoren oder Zweitakt-Benzinmotoren und Fliehkraftkupplungen ausgestattet sind.

Am Samstag, 27. Juli, wird um 15.30 Uhr dann die Stunde von RM Sotheby’s schlagen. Bis 18.30 Uhr wollen die Auktionatoren 30 Autos unter den Hammer im denkmalgeschützten Gebäude und heute komplett von Feinkost Käfer gepachtetem Gebäude nehmen. An finanzkräftiger Kundschaft dürfte es kaum fehlen. (cen)


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RM Sotheby’s versteigert diesen 1955er Porsche 550 Spyder zum Schätzpreis von mindestens 3,5 Millionen Euro.

RM Sotheby’s versteigert diesen 1955er Porsche 550 Spyder zum Schätzpreis von mindestens 3,5 Millionen Euro.

Foto: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's


RM Sotheby’s versteigert diesen 2019er Bugatti Chiron Sport „110 Jahre Bugatti“ zum Schätzpreis von mindestens 3,3 Millionen Euro.

RM Sotheby’s versteigert diesen 2019er Bugatti Chiron Sport „110 Jahre Bugatti“ zum Schätzpreis von mindestens 3,3 Millionen Euro.

Foto: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's


RM Sotheby’s versteigert diesen 2010er Mercedes-Benz SLR McLaren Stirling Moss von mindestens 3,2 Millionen Euro.

RM Sotheby’s versteigert diesen 2010er Mercedes-Benz SLR McLaren Stirling Moss von mindestens 3,2 Millionen Euro.

Foto: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's


RM Sotheby’s versteigert diesen 1966er Ferrari 275 GTB 6 C zum 
Schätzpreis von mindestens 2,5 Millionen Euro.

RM Sotheby’s versteigert diesen 1966er Ferrari 275 GTB 6 C zum Schätzpreis von mindestens 2,5 Millionen Euro.

Foto: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's


RM Sotheby’s versteigert diesen  2010er Bugatti Veyron 16 4 Grand Sport Soleil de Nuit zum Schätzpreis von mindestens 1,5 Millionen Euro.

RM Sotheby’s versteigert diesen 2010er Bugatti Veyron 16 4 Grand Sport Soleil de Nuit zum Schätzpreis von mindestens 1,5 Millionen Euro.

Foto: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's


RM Sotheby’s versteigert diesen 1949er Talbot Lago T26 Grand Sport Coupé zum Schätzpreis von mindestens 1,4 Millionen Euro.

RM Sotheby’s versteigert diesen 1949er Talbot Lago T26 Grand Sport Coupé zum Schätzpreis von mindestens 1,4 Millionen Euro.

Foto: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's


RM Sotheby’s versteigert diesen 2019er Porsche 935 zum Schätzpreis von mindstens 1,1 Millionen Euro.

RM Sotheby’s versteigert diesen 2019er Porsche 935 zum Schätzpreis von mindstens 1,1 Millionen Euro.

Foto: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's


RM Sotheby’s versteigert diesen 2022er Ruf Porsche SCR zum Schätzpreis von mindestens 1,1 Millionen Euro.

RM Sotheby’s versteigert diesen 2022er Ruf Porsche SCR zum Schätzpreis von mindestens 1,1 Millionen Euro.

Foto: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's


RM Sotheby’s versteigert diesen Aston Martin Ulster zum Schätzpreis von mindestens einer Million Euro.

RM Sotheby’s versteigert diesen Aston Martin Ulster zum Schätzpreis von mindestens einer Million Euro.

Foto: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's


RM Sotheby’s versteigert diesen 1965er Aston Martin DB Short Chassis zum Schätzpreis von mindestens einer Million Euro.

RM Sotheby’s versteigert diesen 1965er Aston Martin DB Short Chassis zum Schätzpreis von mindestens einer Million Euro.

Foto: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's