Interview Stella Li: „BYD ist keine Billigmarke“

Mit drei Millionen verkauften „New Energy Vehicle“ ist BYD im vergangenen Jahr zum weltweit größten Hersteller von Batterieautos und Plug-in-Hybriden aufgestiegen. An dieser Erfolgsgeschichte mitgeschrieben hat Stella Li. Die 53-Jährige gilt hinter Konzernchef und Gründer Wang Chuanfu als Nummer zwei im Unternehmen. Dass sie für das Europageschäft verantwortlich ist, zeigt, wie wichtig den Chinesen diese Region ist. Zwei neue Werke, der Start einer Luxusmarke und ein Design- und Entwicklungszentrum sind in Europa fest eingeplant. Der jüngste Coup von BYD (Build Your Dreams), das Sponsoring der Fußball-Europameisterschaft, hat sich bereits ausgezahlt, sagt Stella Li im Interview mit Guido Reinking von der Autoren-Union Mobilität.

BYD war Haupt-Sponsor der Euro 2024. Hat sich das schon auf Ihr Geschäft ausgewirkt?

„Ja, wir sind damit sehr zufrieden. Seither ist unser Bekanntheitsgrad stark gestiegen. Bei Google wird jetzt doppelt oder dreimal so häufig nach BYD gesucht. In manchen Ländern hat sich unser Bestelleingang ebenfalls verdoppelt oder sogar verdreifacht. Die Sichtbarkeit der Marke hat sich deutlich verbessert. Die EM hat sich für uns ausgezahlt. Auch das Vertrauen der Händler in unsere Marke wurde gestärkt.“

Suchen Sie nach weiteren Händlern? Die Zahl in Deutschland ist mit 28 ja noch sehr überschaubar für einen so großen Markt.

„Das ist nicht mehr aktuell, die Zahl der Händler steigt stetig. Wir arbeiten in Europa mit den besten Händlergruppen zusammen, die dann mehrere Filialen mit unserer Marke eröffnen. Schauen Sie sich Großbritannien an: Derzeit haben wir hier 33 Händler. Ende des Jahres werden es 80 sein, nächstes Jahre mehr als 120. Das gleiche passiert in Frankreich und Deutschland. Auch dort werden wir schon bald zwei- bis dreimal so viele Händler haben wie derzeit.“

Viele Hersteller in Europa wie Volkswagen, Stellantis oder Renault bringen Elektroautos für 25.000 Euro auf den Markt. Wird BYD auch in diesem Preisbereich aktiv? Derzeit kostet ihr günstigstes Modell, der Dolphin, über 30.000 Euro.

„Unsere Strategie ist eine andere: Wir kommen mit unserer besten Technologie nach Europa. Das neueste Modell von BYD ist der Seal U DM-i, der wird ein Gamechanger. In den Märkten, in denen er angeboten wird, entfällt bis zu 60 Prozent des Auftragseingangs auf dieses Modell. Als Plug-in-Hybrid kann der Seal U 70 bis 120 Kilometer elektrisch fahren. Mit vollem Tank und voll geladen beträgt die Reichweite mehr als 1000 Kilometer. Das kann kein anderes Auto.“

BYD als also eher eine Technologiemarke, keine Billigmarke?

„Exakt. Wir wollen unseren Kunden ein Premium-Produkt liefern zu einem erschwinglichen Preis. Premium ist heute definiert durch die Technologie, nicht nur durch Leder oder Chrom. Wir bringen mit Yangwang in weniger als zwei Jahren zwei Luxusmodelle nach Europa.“

Sie präsentierten in Goodwood von Yangwang den Sportwagen U9 und den Luxusgeländewagen U8. Überfordern Sie die Konsumenten nicht mit einer weiteren Marke aus China? Es gibt ja bereits einige und es werden ständig mehr.

„Ich denke nicht. Viele Konsumenten sind beeindruckt von unserem Angebot. BYD wird nicht als eine weitere chinesische Marke wahrgenommen. Wir sind eine Technologiemarke wie Apple. Wir haben mehr als 110.000 Ingenieure die 32 Patente pro Tag produzieren. Unsere Kundenzufriedenheit ist sehr hoch. Wenn wir Kunden fragen, ob sie wieder einen BYD kaufen wollen, antwortet die große Mehrheit mit ja.“

Sie haben bekannt gegeben, in der Türkei ein Werk zu bauen. Warum dort?

„Wir bauen dort Autos für den europäischen Markt, aber auch für andere Märkte wie den Mittleren Osten und Afrika. Dafür liegt das Land ideal an der Schnittstelle zwischen diesen Regionen.“

Ihr Werk in Ungarn ist bereits im Bau. Wann werden die neuen Werke in Betrieb gehen?

„Vor zwei Jahren haben wir die Entscheidung getroffen, in Ungarn zu investieren. Noch vor Ende nächsten Jahres werden wir die Produktion starten. Die Produktion in der Türkei beginnt spätestens 2026.“

Welche Autos werden Sie in Ungarn produzieren?

„Das haben wir noch nicht entschieden. Wir sind in dem Werk aber sehr flexibel und können acht bis zehn Modelle parallel fertigen, batterieelektrische Autos und Plug-in-Hybride. Wir nennen das Flex-Line.“

Acht bis zehn Modelle in einem Werk, das ist tatsächlich sehr viel. Werden Sie auch die Batterien für die Elektroautos in Ungarn fertigen?

„Die Zellen produzieren wir in unseren vorhandenen Werken. Aber die Batterie wird lokal in Ungarn montiert. Das ist ein sehr komplexer Vorgang.“

Haben Sie eine Kristallkugel oder warum wussten Sie vor zwei Jahren, das Sie nun ein Werk in Europa brauchen, um den steigenden Zöllen in der EU zu entgehen?

„Wir brauchen keine Kristallkugel. BYD folgt einer globalen Strategie. Wir fertigen dort, wo die Märkte sind. Wir sind mit drei Millionen New Energy Vehicle der führende Hersteller. Als globales Unternehmen brauchen wir eine nachhaltige Fertigung in den Regionen. Deshalb investieren wir in Ländern wie Thailand, Ungarn, Brasilien, Indonesien oder der Türkei. Schon bald werden wir ein weiteres Investment bekanntgeben. Nicht nur die Produktion, auch Forschung und Entwicklung zu lokalisieren ist unsere Strategie.“

Wäre auch Deutschland ein möglicher Entwicklungsstandort?

„Warten Sie es ab.“

Wenn die EU die Zölle wie angekündigt einführt, BYD wäre mit 17,4 Prozent dabei, müssen Sie dann die Preise in Europa erhöhen, zumindest bis das Werk in Ungarn fertig ist?

„Wir sind gegen solche Zölle. Sie sind nicht fair gegenüber den europäischen Konsumenten. Denn am Ende sind die es, die dafür zahlen. Wir wollen unseren Kunden aber auch künftig Premium-Produkte zu einem erschwinglichen Preis bieten. Wir arbeiten derzeit gemeinsam mit unseren Händlern an Lösungen, denn wir wollen vermeiden, die Konsumenten darunter leiden zu lassen.“ (cen)


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Bilder zum Artikel

Stella Li, BYD-Vorständin für Europa.

Stella Li, BYD-Vorständin für Europa.

Foto: Autoren-Union Mobilität/BYD