Hintergrund: Einen Tesla kaufen ist wie AfD wählen

Den Anfang machte die Drogeriemarktkette Rossmann: Das Unternehmen werde künftig keine Elektroautos der Marke Tesla mehr für seine Firmenflotte kaufen, hieß es dort. Grund sei das Verhalten von Tesla-Chef Elon Musk, der „keinen Hehl daraus macht, Donald Trump zu unterstützen“, erklärte Raoul Roßmann, Sohn des Firmengründers und Sprecher der Geschäftsführung.

Rossmann steht mit seinem Tesla-Boykott nicht alleine. Auch Martin Dallmeier, Geschäftsführer des Konkurrenzunternehmens dm ließ wissen, „dass wir uns bereits seit längerem gegen eine weitere Aufnahme von Tesla-Fahrzeugen in unsere Flotte entschieden haben". Das fand das Wirtschaftsmagazin „Capital“ mit einer Recherche bei zahlreichen deutschen Unternehmen heraus. Danach stehen unter anderem die Lebensmittel- und Biosupermarkt-Marke Alnatura, der Outdoor-Ausrüster Vaude und der Softwarekonzern SAP dem Treiben des amerikanischen Multimilliardärs und dessen Automobilmarke kritisch gegenüber.

Inzwischen scheint sich die Abneigung gegenüber Elon Musk und dessen Autos auch in der Bevölkerung breit zu machen. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungs-Instituts Forsa in Auftrag des Magazins „stern“ fanden 47 Prozent der Deutschen einen Tesla-Boykott richtig, 37 Prozent meinten, so eine Entscheidung sei übertrieben, 16 Prozent wollten sich dazu nicht äußern. „Die Frage spaltet also die Nation, aber die Befürworter eines Kauf-Stopps sind in der relativen Mehrheit“, stellte der „stern“ fest.

Besonders interessant und aufschlussreich sind die Ergebnisse der Umfrage, wenn sie nach Partei-Sympathien der Befragten unterschieden werden. Richtig finden laut „stern“ einen Tesla-Boykott vor allem Wähler der Grünen (72 Prozent), der SPD (61 Prozent) und der CDU/CSU (47 Prozent). Kritisch sehen einen politisch motivierten Kaufstopp die Anhänger der FDP (44 Prozent), des Bündnisses Sahra Wagenknecht (47 Prozent) und – am stärksten – der AfD (67 Prozent).

In erster Linie fordert wohl die bedingungslose Begeisterung Musks für Donald Trump Kritik heraus. „Elon Musk macht keinen Hehl daraus, Donald Trump zu unterstützen. Trump hat den Klimawandel wiederholt als Schwindel bezeichnet – diese Haltung steht in krassem Gegensatz zur Mission von Tesla, durch die Produktion von Elektroautos einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten“, begründete Raoul Roßmann den Tesla-Boykott seines Unternehmens.

Entlarvend ist in dieser Beziehung besonders eine Kehrtwende Musks im sozialen Netzwerk Twitter, das er vor einem Jahr mehrheitlich übernahm und in X umtaufte. Bei einem als „Interview“ bezeichneten Beitrag von Trump und Musk versuchte der Tesla-Besitzer auf der Plattform zunächst seine Autos dem Möchtegern-Präsidenten schmackhaft zu machen. Als er jedoch merkte, dass seine Argumente wenig fruchteten, schwenkte er um und biederte sich ganz im Sinn seines Gegenübers sogar der Öl- und Gasbranche an. Es reiche, „wenn wir in 50 bis 100 Jahren größten Teils nachhaltig sind. Das wird, denke ich, wahrscheinlich in Ordnung sein“, gab er laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg klein bei. „Es ist ja nicht so, als würde das Haus sofort brennen.“

Doch die Trump-Verehrung ist es nicht alleine. Immer mehr verbreitet der reichste Mensch der Welt Verschwörungstheorien oder mischt sich in Dinge ein, die ihn absolut nichts angehen. So heizte er das politische Klima in Großbritannien an, wo es rechtsradikale Ausschreitungen gegen Einwanderer gibt. Der Multimilliardär hatte unter anderem erklärt, dass in Großbritannien „ein Bürgerkrieg unvermeidlich“ sei.

Auf X verbreitete Musk insbesondere mit seinen Beiträgen Verschwörungstheorien und provokante Äußerungen, die sich unter anderem als wissenschaftlich unhaltbar, Panikmache, antisemitisch und transphob herausstellten. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ schrieb jüngst, dass Musk innerhalb kürzester Zeit „50 irreführende oder falsche Beiträge zur US-Wahl veröffentlicht“ habe, die „von unabhängigen Faktencheckern als falsch oder irreführend entlarvt wurden“. So behauptete Musk etwa, dass die US-Demokraten die irreguläre Zuwanderung absichtlich beförderten, um die Migranten als Wähler für sich zu gewinnen, oder dass das US-Wahlsystem anfällig für Betrug sei.

Über die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris verbreitete er via X ein per künstlicher Intelligenz (KI) manipuliertes Video, in dem er unterstellte, dass Harris ihre Position nicht wegen ihrer Qualifikationen, sondern aufgrund ihrer ethnischen Identität als Tochter einer Inderin und eines schwarzen Jamaikaners erlangt habe.

Mitte Mai mischte sich Musk gar mit einem Post auf X in den Wahlkampf der Bundesländer Brandenburg, Sachsen und Thüringen ein. „Hoffen wir, dass die AfD die Wahlen gewinnt, um den europäischen Selbstmord zu stoppen“, schrieb er. In Brandeburg, wo Musk eine Automobilfabrik betreibt, bemerkte die Landesregierung offensichtlich bis heute nicht, was für einen Brandstifter sie sich mit Musk ins Land holte; Arbeitsplätze hin, Arbeitsplätze her.

Bei der EU in Brüssel wächst inzwischen der Argwohn. Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton teilte Musk schriftlich mit, dass er X und seine persönlichen Tweets besser im Zaum halten solle, statt Hass, Desinformation und Gewaltaufrufe zu verbreiten. Denn Verstöße könnten selbst für jemanden, der in der Liga der Superreichen spielt, richtig teuer werden. Laut T-Online hat Musk mittlerweile zur offiziellen Verwarnung aus Europa Stellung genommen: Er postete ein Bildchen mit ein paar Worten, die korrekt mit „Fick dich ins Knie“ zu übersetzen sind. Die gleiche ordinäre Botschaft richtete der X-Chef an die zahlreichen ehemaligen Werbetreibenden, die seine Plattform unter anderem wegen der verbreiteten antisemitischen Inhalte verließen: „Go fuck yourself!“. (cen)


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Elon Musk.

Elon Musk.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Tesla (Archivbild)